Gesetzgebung

Die Gesetzgebung ist in der Bundesrepublik Deutschland die Aufgabe der Parlamente; der Deutsche Bundestag ist somit das wichtigste Organ der Legislative. Er beschließt – unter Beteiligung des Bundesrates – alle Gesetze, die in den Kompetenzbereich des Bundes fallen. Die Abgeordneten und Fraktionen des Bundestages können – genau wie der Bundesrat und die Bundesregierung – neue oder überarbeitete Gesetze als Entwürfe in den Bundestag einbringen. Hier findet dann nach einem genau festgelegten Ablauf die Debatte, Beratung und Abstimmung über den Gesetzentwurf statt. Da die Länder im föderalen Staatssystem einen wesentlichen Anteil an der Staatsgewalt haben, ist der Bundesrat auch am Gesetzgebungsverfahren beteiligt. Er bekommt alle Gesetze zur Abstimmung vorgelegt und kann – abhängig von der Art des Gesetzes – einen Entwurf sogar scheitern lassen.

Nach Artikel 70 GG steht das Recht der Gesetzgebung grundsätzlich den Ländern zu, soweit nicht im Einzelfall dem Bund durch das Grundgesetz die Gesetzgebungskompetenz zugewiesen ist. Tatsächlich liegt das Schwergewicht der Gesetzgebungsbefugnisse aber beim Bund. Die Zuweisung von Gesetzgebungszuständigkeiten erfolgt nach Sachgebieten. Die meisten Sachgebiete sind in den Artikeln 72 ff. GG aufgeführt; es finden sich Zuständigkeitszuweisungen aber auch in zahlreichen anderen Vorschriften des Grundgesetzes. Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) am 1. September 2006 („Föderalismusreform“) unterschied das Grundgesetz in den Artikel 70 bis 75 GG zwischen der ausschließlichen, der konkurrierenden und der Rahmen- gesetzgebung des Bundes. Mit der Föderalismusreform wurde die Rahmen-gesetzgebung des Bundes abgeschafft und deren Materien neu zugewiesen. Das Grundgesetz unterscheidet nun in den Artikel 70 bis 73 GG zwischen der aus-schließlichen und der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes.

Initiativen von Bundesregierung oder Bundesrat
Wenn die Bundesregierung ein Gesetz ändern oder einführen möchte, muss die Bundeskanzlerin den Gesetzentwurf zunächst dem Bundesrat zuleiten. Der Bundesrat hat dann in der Regel sechs Wochen Zeit, um eine Stellungnahme abzugeben, zu der sich die Regierung wiederum schriftlich äußern kann. Danach leitet die Bundeskanzlerin den Entwurf mit der Stellungnahme an den Bundestag weiter. Eine Ausnahme von diesem Ablauf bildet das Haushaltsgesetz: Hier werden Gesetzentwürfe zugleich an Bundesrat und Bundestag gesendet. Für Gesetzesinitiativen des Bundesrates gilt ein ähnliches Verfahren. Nachdem die Mehrheit der Bundesratsmitglieder sich für einen Gesetzentwurf entschieden hat, geht der Entwurf zunächst an die Bundesregierung. Sie versieht ihn innerhalb von regelmäßig sechs Wochen mit einer Stellungnahme und leitet ihn dann dem Bundestag zu.

Initiativen aus der Mitte des Parlaments
Gesetzentwürfe können auch von Abgeordneten initiiert werden: entweder von mindestens einer Fraktion oder von mindestens fünf Prozent der Mitglieder des Bundestages – das entspricht zurzeit 31 Abgeordneten. Solche Entwürfe müssen nicht erst dem Bundesrat vorgelegt werden. Deshalb bringt die Regierung besonders eilbedürftige Gesetzentwürfe über ihre Bundestagsfraktionen ein.

Verteilung der Drucksache
Bevor ein Gesetzentwurf im Bundestag beraten werden kann, muss er zunächst dem Bundestagspräsidenten zugeleitet und von der Verwaltung registriert und gedruckt werden. Als Bundestags-Drucksache wird er dann an alle Mitglieder des Bundestages, des Bundesrates und an die Bundesministerien verteilt. Sobald der Gesetzentwurf auf der Tagesordnung des Plenums steht, hat er den ersten Teil seines Weges geschafft: Er steht nun vor seinem öffentlichen und offiziellen Auftritt im Bundestag.

Drei Lesungen im Plenum
In der Regel durchlaufen Gesetzentwürfe im Plenum des Bundestages drei Beratungen – die so genannten Lesungen. In der ersten Lesung findet eine Aussprache statt, wenn sie im Ältestenrat vereinbart oder von mindestens fünf Prozent der Abgeordneten verlangt wird. Dies geschieht meist bei besonders umstrittenen oder für die Öffentlichkeit interessanten Gesetzgebungsvorhaben. Vorrangiges Ziel der ersten Lesung ist es, auf Basis der Empfehlungen des Ältestenrates einen oder mehrere Ausschüsse zu bestimmen, die sich mit dem Gesetzentwurf fachlich auseinandersetzen und ihn für die zweite Lesung vorbereiten. Werden mehrere Ausschüsse bestimmt, so erhält ein Ausschuss die Federführung. Er ist somit verantwortlich für den Fortgang des Verfahrens. Die anderen Ausschüsse haben mitberatende Funktion.

Arbeit in den Ausschüssen
Die Detailarbeit der Gesetzgebung findet in den ständigen Ausschüssen statt, die mit Abgeordneten aller Fraktionen besetzt sind. Die Ausschussmitglieder arbeiten sich in die Materie ein und beraten sich in Sitzungen. Sie können auch Interessenvertreter und Experten zu öffentlichen Anhörungen einladen. Parallel zur Ausschussarbeit bilden die Fraktionen Arbeitsgruppen und Arbeitskreise, in denen sie ihre eigenen Positionen fachlich erarbeiten und definieren. In den Ausschüssen werden nicht selten Brücken zwischen den Fraktionen gebaut. Im Zusammenspiel von Regierungs- und Oppositionsfraktionen werden die meisten Gesetzentwürfe mehr oder weniger stark überarbeitet. Nach Abschluss der Beratungen legt der federführende Ausschuss dem Plenum einen Bericht über den Verlauf und die Ergebnisse der Beratungen vor. Seine Beschlussempfehlungen sind die Grundlage für die nun folgende zweite Lesung im Plenum.

Aussprache in der zweiten Lesung
Vor der zweiten Lesung haben alle Abgeordneten die veröffentlichte Beschlussempfehlung in gedruckter Form erhalten. So sind sie für die Aussprache gut vorbereitet. Außerdem haben die Fraktionen zuvor in internen Sitzungen ihre Position noch einmal abgestimmt. Denn in der öffentlichen zweiten Sitzung ist es wichtig, Geschlossenheit zu demonstrieren. Nach der allgemeinen Aussprache können alle Bestimmungen des Gesetzentwurfs einzeln aufgerufen werden. In der Regel wird aber direkt über den gesamten Gesetzentwurf abgestimmt. Jedes Mitglied des Parlaments kann Änderungsanträge stellen, die dann im Plenum direkt behandelt werden. Beschließt das Plenum Änderungen, muss die neue Fassung des Gesetzentwurfs zunächst gedruckt und verteilt werden. Mit der Zustimmung von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder kann dieses Verfahren jedoch abgekürzt werden. Dann kann unmittelbar die dritte Lesung beginnen.

Abstimmung in der dritten Lesung
In der dritten Lesung findet eine erneute Aussprache nur dann statt, wenn dies von einer Fraktion oder von mindestens fünf Prozent der Abgeordneten verlangt wird. Auch Änderungsanträge sind nun nicht mehr von einzelnen Abgeordneten, sondern nur noch von Fraktionen oder fünf Prozent der Mitglieder des Bundestages und auch nur zu Änderungen aus der zweiten Lesung zulässig. Am Ende der dritten Lesung erfolgt die Schlussabstimmung. Auf die Frage des Bundestagspräsidenten nach Zustimmung, Gegenstimmen und Enthaltungen erheben sich die Abgeordneten von ihren Plätzen. Hat der Gesetzentwurf die notwendige Mehrheit im Bundestag gefunden, wird er als Gesetz dem Bundesrat zugeleitet.

Zustimmung des Bundesrates
Durch den Bundesrat wirken die Länder bei jedem Gesetz mit. Ihre Mitwirkungsrechte sind dabei genau festgelegt. Der Bundesrat kann keine Änderungen an dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz vornehmen. Stimmt er dem Gesetz aber nicht zu, so kann er den Vermittlungsausschuss anrufen. Im Vermittlungsausschuss sitzen in gleicher Anzahl Mitglieder des Bundestages und des Bundesrates. Bei Zustimmungsgesetzen ist die Zustimmung des Bundesrates zwingend erforderlich. Das sind zum Beispiel Gesetze, die die Finanzen und Verwaltungszuständigkeit der Länder betreffen. Zustimmungsbedürftig sind insbesondere verfassungsändernde Gesetze im Sinne des Artikel 79 Absatz 2 des Grundgesetzes. Bei Einspruchsgesetzen kann der Bundestag ein Gesetz auch dann in Kraft treten lassen, wenn es im Vermittlungsausschuss zu keiner Einigung gekommen ist. Dazu ist aber in einer erneuten Abstimmung im Bundestag eine absolute Mehrheit erforderlich.

In-Kraft-Treten des Gesetzes
Nachdem der Gesetzentwurf den Bundestag und den Bundesrat passiert hat, muss er noch weitere Stationen durchlaufen, um als Gesetz in Kraft zu treten. Das beschlossene Gesetz wird zunächst gedruckt und der Bundeskanzlerin sowie dem zuständigen Fachminister zur Gegenzeichnung zugeleitet. Anschließend erhält der Bundespräsident das Gesetz zur Ausfertigung. Er prüft, ob es verfassungsgemäß zu Stande gekommen ist und nicht inhaltlich offenkundig gegen das Grundgesetz verstößt. Danach unterschreibt er es und lässt es im Bundesgesetzblatt veröffentlichen. Damit ist das Gesetz verkündet. Ist kein besonderes Datum des In-Kraft-Tretens im Gesetz genannt, gilt es automatisch ab dem 14. Tag nach der Ausgabe des Bundesgesetzblattes.

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